Petruschkis Fahrt ins Blaue Kapitel 3 Teil 1 - Eine Reise in 30 Bildern Blau
For the english version of the blog post click HERE
La version en castellano ves AQUI
Das ist ein Bild von Georgia O’Keefe Series I, No.8, 1919 Es hängt in der ständigen Sammlung des Lenbachhauses in München
Im Dezember 2019 gingen wir auf eine Reise mit Bus und Bahn durch Spanien, Frankreich, Deutschland, Belgien, Großbritannien und Irland. Das Ziel war die Ausstellung Protest! von Derek Jarman in Dublin, auf dem Weg dorthin gab es soviel anzuschauen. Wir haben 21 Ausstellungen besucht und viele Geschichten entdeckt. Hier ist der 1.Teil der Abfolge dieser Reise.
Wir beginnen die wunderbare Reise nun in 30 blauen Bildern.
Los geht’s nach Paris mit Hans Hartung, El Greco, Toulouse-Lautrec, Bacon und Bildern aus der ständigen Ausstellung des Centre Pompidou weiter nach München, wo Werke von Jawlensky und Werefkin in einer gemeinsamen Austellung zu sehen sind. Dort besuchen wir auch die ständige Ausstellung im Lenbach Haus. Danach sehen wir die große Van Dyck Ausstellung und die ständige Ausstellung in der Alten Pinakothek, wo wir in Rubens-Extase kommen. Weiter nach Mannheim zu Matisse. Dann nach Frankfurt zu Van Gogh und der ständigen Ausstellung im Städel Museum. Ich stelle euch Plautilla Nelli vor, eine atemberaubende Renaissancemalerin. Am Ende dieses Teils kommt die Ausstellung „Große Realistik & Große Abstraktion“ Zeichnungen von Max Beckmann bis Gerhard Richter.
Ihr findet Infos zu vergangenen und kommenden Austellungen in Europa oder den USA. Abgesehen vom Geld ist es in der derzeitigen Pandemie-Lage unwahrscheinlich, dass man die Ausstellungen anschauen kann. Aber die Museen haben fast immer ausführliche Seiten über die vergangenen und kommenden Austellungen mit Filmen, Abbildungen, Kommentaren, Blogs und virtuellen Rundgängen. Man kann hervorragend herumstreifen und sich inspirieren lassen und davon träumen, irgendwann real die Bildern staunend zu betrachten.
Erstmal Paris…
Mit dem Zug geht es nach
Paris
Hans Hartung La fabrique du geste 11. Oktober 2019 – 1. März 2020
Musée d’Art Moderne
Das Kind, das die Blitze bannte…dem bin ich da begegnet. Es heisst, Hartung habe angefangen zu malen und sich jung der abtrakten Malerei gewidmet, weil er ein sehr außergewöhnliches Erlebnis als Kind hatte: er hatte schreckliche Angst vor Gewittern und es kam nicht gut an, ein Angsthase zu sein. Um die Angst zu bannen, malte er die Blitze so schnell er konnte. Er glaubte, dann könnten sie ihm nicht mehr gefährlich werden.
«Ich will frei bleiben. Geist, Denken, Handeln. Ich lass mich nicht einsperren, nicht von anderen, nicht von mir selbst.» Hans Hartung
Es gibt wunderbare Zitate von Hartung - über die Kunst, Kindheit und Universum. Ich freue mich auf das Hartung Kapitel oder besser gesagt, die Kapitel.
Ausstellung seiner Werke und die seiner Frau Anna-Eva Bergmann in der Fondation Hartung Bergmann in Antibes.
El Greco
The Assumption of the Virgen, Maria Himmelfahrt, Detail
Greco Grand Palais 16. Oktober 2019 – 10.Februar 2020
Bei Greco höre ich wie die Stoffe knistern und sehe sie in der Bewegung schimmern und funkeln. In einer Art Architektur der Kleider lenkt Greco den Weg der Augen.
Ständige Ausstellung:
Virtueller Besuch möglich
El Greco en Illescas Museo Nacional del Prado bis 28.02.21
5 Bilder aus der Kirche Santuario de Nuestra Señora de La Caridad de Illescas in Toledo
Henri Toulouse-Lautrec
Seule / Allein 1896
Résolument Moderne – Entschlossen modern im Grand Palais, Paris 9. Oktober 2019 – 27. Januar 2020
Zirkus, Kunstreiterinnen, Tanzsäale, das Nachtleben, die Huren, Toulouse-Lautrec zeichnete und malte das in wirbelnder Bewegung oder er malte die nackte, verletzliche Müdigkeit in stummer Erschöpfung. Er selbst starb als junger Mann an diesem taumelnden Nachtleben, an der Verzweiflung über seinen zerbrochenen Körper, an der Erschöpfung, immer wieder ein Trotzdem zu leben.
Weitere Ausstellungen:
Toulouse-Lautrec and the Celebrity Culture of Paris
Art Institut Chicago bis 31. Januar 2021
Toulouse-Lautrec & the Belle Époque
Polk Museum of Art, Lakeland, Florida, USA
13. Februar 2021 - 23. Mai 2021
Toulouse-Lautrec und die Plakatkunst der Belle Epoque
Schloss Britz – Gutshaus, Schlosspark, Gutshof, Berlin 05.09.21 - 05.12.21
La Bohème Henri de Toulouse-Lautrec
und die Meister vom Montmartre
Münchner Künstlerhaus 30.Juni - 14.August 2022
Ständige Ausstellungen im Museum Toulouse-Lautrec in Albi, Frankreich
Francis Bacon, Sand Dune 1983
Bacon, En toutes lettres, Centre Pompidou 11. September 2019 – 20. Januar 2020
Eine Sanddüne - wie ein Männertorso, leidend oder hingegeben, geschunden oder erregt….
Die Austellung ist um 6 Bücher angeordnet, die Bacon wichtig waren und die ihn inspiriert haben. Es sind Bücher von Nietzsche, Georges Bataille, Michael Leiris, Joseph Conrad und Eliot. In abgeschlossenen, verdunkelten Räumen sieht man in einer Vitrine die jeweiligen Exemplare aus Bacons Bibliothek. Auf englisch und französisch kann man sich über Band Ausschnitte aus diesen Büchern anhören, gelesen von bekannten Schauspielern. Um die kubischen Bücher-Räume herum gruppieren sich in der Weite des weißen Saals Bacons großformatige Werke. Es ist eine seltsamer Gegensatz, die Offenheit und Helligkeit der Ausstellung und das intime Dunkel die ruhigen Stimmen in den Buchräumen. Es ist als ob man darauf vorbereitet wird, die Bilder im richtigen Zustand der Sensibilität anzuschauen. Als würde man durch die Buchräume feiner und aufmerksamer gemacht.
Weitere Ausstellungen:
Francis Bacon: The Late Paintings bis August 2020
The Museum of Fine Arts Houston - Man kann die ausgestellten Bilder noch in einer Slideshow sehen
Passion - Leidenschaft 9.Oktober 2020 — 14. Februar 2021
LWL Museum für Kunst und Kultur, Münster
Francis Bacon: Man and Beast ursprünglich 30. Januar — 18. April 202, jetzt unbestimmt verschoben
Royal Academy of Arts, London
Mikhail F. Larionov L´automne von Mikhail F. Larionov, 1912 steht für die Kunstwerke, die wir aus der Ständigen Sammlung des Centre Pompidou zeigen.
Auf dem Bild steht eine kurze Hyme an den Herbst: “Der fröhliche Herbst, der mit seinen reifen Trauben und dem berauschenden Wein wie Gold funkelt.”
Neoprimitivismus. Eine Erneuerungsbewegung der russischen Kultur, die aus der Volkskunst schöpfte. In der Musik war Igor Strawinsky ein Vertreter.
Michail Fjodorowitsch Larionow war ein Maler, der zur russischen Avantgarde zählte. Er gilt als Begründer des Rayonismus, der Suche nach einer Methode, wie man das Licht auf die Bilder bannt. Fast sein ganzes Leben lang arbeitete und lebte er mit der Malerin und Bühnenbildnerin Natalija Sergejewna Gontscharowa zusammen.
Mit dem Nachtbus fahren wir durch die Schneenacht von Paris nach München. Im Lenbachhaus sehen wir die Ausstellung
Lebensmenschen Alexej von Jawlensky und Marianne von Werefkin Lenbachhaus 22.10. 2019 – 16.2. 2020
Marianne von Werefkin Selbstbildnis ca. 1910
Alexej von Jawlensky (1864—1941) und Marianne von Werefkin (1860—1938) sind eines der wegweisenden Künstlerpaare der Avantgarde. 1909 gründeten sie die „Neue Künstlervereinigung München“ aus der der „Blaue Reiter“ hervorging. Werefkin galt als die Vordenkerin, Jawlensky als der Impulsgeber in der Malerei. Jeder für sich und zusammen als Paar haben sie die Kunst zu Beginn des 20. Jahrhundert wesentlich beeinflusst und vorangebracht.
Alexej von Jawlensky Heilandsgesicht: Erwartung 1917
„Die Bekanntschaft sollte mein Leben ändern. Ich wurde der Freund von ihr, von dieser klugen, genial begabten Frau.“
Alexej von Jawlensky in seinen Lebenserinnerungen an seine erste Begegnung mit Marianne von Werefkin, 1892
Weitere Ausstellung:
Lebensmenschen Alexej von Jawlensky und Marianne von Werefkin Museum Wiesbaden
Virtueller Rundgang durch die Ausstellung möglich, außerdem Filme, Bilder, Biografien, Zeugnisse
Lebensmenschen Museo Comunale d'Arte Moderna, Ascona
20. September 2020 - 10. Januar 2021
In der ständigen Sammlung des Lenbach Hauses herumlaufen und aus dem Staunen nicht herauskommen. Und da hängt ein Bild von ihr…
Georgia O´Keeffe…Hocherotisch und ganz für sich selbst, eine eigene Welt, die nichts mit den verbrauchten Bildern von Sex und Sexkonsumsache zu tun hatte. Ein Traum wird wahr, ein Traum der unter die Haut, die Zunge und zwischen die Beine geht.
Und es gibt wirklich bald eine Austellung ihrer Bilder und vielleicht ist bis dahin das Virus im Griff und man kann reisen nach Madrid.
Museo Nacional Thyssen-Bornemisza, Madrid, 20. April - 8. August 2021
Helene Weigel, gemalt von Rudolf Schlichter. Sie ist 28 Jahre alt. Brecht kennt sie seit 5 Jahren. Sie haben bereits einen Sohn zusammen. Ihr Blick scheint müde, abgeklärt, geradezu resigniert. Sowohl politisch als vielleicht auch privat wirken die Ausblicke anstrengend. Es sieht nach viel Kampf aus. Aber da sitzt sie in einem blauen Kleid, das möglicherweise ein Kittel ist, oder auch ein Theaterkostüm. In seiner Strahlkraft schiesst sie dieses Blau auf eine Ebene, wo das alles anders verhandelt werden kann. Wie im Theater.
Kopie nach Anthonie van Dyck Königin Henrietta Maria von England um 1636/37
Van Dyck Alte Pinakothek 25.10.2019 – 2.2.2020 auf der Museumswebsite kann man weiterhin Infos, Blogs, Filme über die Ausstellung finden.
Eine andere Frau in einem blauen Kleid. 300 Jahre früher. Van Dyck hat Henrietta Maria, Königin von England oft gemalt. Sie war als Katholikin eine unbeliebte englische Königin. Auch ihr Mann hatte zuerst nicht viel für sie übrig. Mit der Zeit kamen sie sich aber näher und man munkelte, der König habe begonnen, sich in die Königin zu verlieben. Als das Bild gemalt wurde, war sie Ende 20.
Ihr Blick überrascht mich, zwischen einer durchdringenden Direktheit und geradezu spöttischer Zurückhaltung. In der van Dyck Ausstellung gab es immer wieder Blicke, die mich in den Bann zogen. Später dazu mehr. Später werde ich auch davon erzählen, wie der junge van Dyck auf Anregung seines Lehrers Peter Paul Rubens die betagte Malerin Sofonisba Anguissola aufsucht, lange Gespräche über Malerei mit ihr führt und sie dabei poträtiert. Mit seinem Tagebuch hat er ein unglaubliches Zeugnis über diese unglaubliche Malerin geschenkt. Sofonisba Anguissola ist ein eigenes Kapitel gewidmet.
Alte Pinakothek Ständige Sammlung
Meister des Marienlebens, Die Verkündigung Detail, wohl 1470/1480
Blaue Engel, lebhaft kommentierend, wie der Erzengel Gabriel, der Vorsteher der Cherubim und Seraphim, der angelus interpres mit seiner Aufgabe zurecht kommt, nämlich Maria zu verkünden, dass sie im 6. Monat schwanger ist.
Das ist ein Ausschnitt aus dem Letzten Abendmahl von Plautilla Nelli. Das Werk hat die Aussmaße von 2 x 7 Metern. Das ist aussergewöhnlich für eine Malerin in dieser Zeit. Die Frauen sollten damals lieber Miniaturen malen. Wieder ein aufregender Umweg. Es lag keine Ausstellung dieser Renaissancekünstlerin auf unserem Weg. Aber bei der Beschäftigung mit Greco bin ich auf die vielen mehr oder weniger vergessenen Malerinnen der Renaissance und des Barock gestoßen. Auch die Nonne Plautilla Nelli (1524-1588) war bis noch vor kurzem vergessen. Sie war Autodidaktin und lernte indem sie Bilder anderer Maler kopierte. Später unterrichtete sie andere Nonnen, ihr Kloster wurde zu einer Art feministischer Malerwerkstatt. Ihre Bilder waren sehr begehrt.
August Macke Sitzender Akt mit Kissen, 1911
Mit dem Zug geht es weiter nach Mannheim zu der Ausstellung
Inspiration Matisse, Kunsthalle Mannheim 27. September 2019 – 19.Januar 2020
Hier ein Bild von August Macke aus der Ausstellung “Inspiration Matisse”. Fotografieren durfte man leider nicht. Wie der Titel schon sagte, ging es bei dieser Austellung darum, wen und wie sehr Matisse andere Künstler inspiriert hat.
Matisse wurde auch der “Künstler für Künstler” genannt. Er beeinflusste die Kunst des 20. Jahrhundert nachhaltig und ist neben Picasso der wichtigste Vertreter der klassischen Moderne. Neben Matisse konnte man in der Mannheimer Ausstellung zentrale Werke von André Derain, Georges Braque, Charles Camoin, Kees van Dongen, Raoul Dufy, Henri Manguin oder Albert Marquet ebenso wie von Ernst Ludwig Kirchner, Alexej von Jawlensky, August Macke, Gabriele Münter und Max Pechstein.
Weitere Ausstellung:
21. Oktober 2020 bis 22. Februar 2021
Centre George Pompidou, Paris
Dieses Bild von Matisse “Der Traum” hing nicht in der Ausstellung “Inspiration Matisse” in Mannheim, sondern in der ständigen Sammlung des Centre George Pompidou. Blau und Frau - wie es mir gefällt.
Matisse’ Farben sind einzigartig in ihrer Lebendigkeit und Leuchtkraft. Picasso sagte dazu:
… die Art, wie Matisse, die Farbe anwendet. Wenn du in Matisses Werk drei Töne findest, die nahe beieinanderliegen — sagen wir ein Grün, ein Violett und ein Türkis —, dann beschwört ihre Verbindung eine andere Farbe herauf, die man die Farbe nennen könnte. Das nennt man die Sprache der Farben. […] Die Tatsache, daß sich auf einem meiner Bilder ein gewisser roter Fleck befindet ist nicht das Wesentliche des Bildes. Das Bild wurde unabhängig davon gemalt. Du könntest das Rot wegnehmen, und es wäre immer noch das Bild da. Aber bei Matisse ist es undenkbar, daß man einen Fleck Rot […] unterdrückt, ohne daß das Bild sofort in sich zusammenstürzt.“
Quelle: Pablo Picasso: Über Kunst, Diogenes Verlag, Zürich 1988, S. 59–61.
Von Mannheim nach Frankfurt fahren wir mit dem Bus
Making Van Gogh, Städel Museum 23.10.2019 – 16.2.2020
Vincent van Gogh, Erste Schritte (nach Millet), 1890
Dieses Bild schuf Vincent van Gogh in seinem letzten Lebensjahr. Sein Bruder Theo und seine Frau Johanna erwarteten ein Kind und Van Gogh freute sich mit ihnen. Im Herbst und Winter 1889/90 in Saint-Rémy malte Van Gogh insgesamt 20 Bilder nach Vorlagen von Millet, darunter auch -Die ersten Schritte-. Ihn reizte die Übertragung einer kleinen, schwarz-weißen Reproduktion in ein großes, farbiges Gemälde.
" Das ist nicht nur ein bloßes Kopieren. Eher ist es wie ein Übersetzen in eine andere Sprache - als übersetzte man die Hell-Dunkel-Wirkung des Schwarz-Weiß in die Sprache der Farbe."
Dieses Bild zeigt hoffnungsfrohen Beginn, die ersten Schritte des Kindes, die blühenden Bäume, die noch kleinen Pflänzchen im Beet. Es ist ein beschütztes Beginnen.
Nächste Ausstellungen:
Durch Vincents Augen: Van Gogh und die Quellen seiner Kunst 11.10.2020–1.3.2021
The Columbia Museum of Art
Columbia, United States of America
Monet, Van Gogh, Cézanne, Gauguin. Sammlung Emil Bührle / Leopold Museum Ende Februar-Ende Juli 2021
Ständige Ausstellungen seiner Werke im Van-Gogh Museum, Amsterdam
„Große Realistik & Große Abstraktion“ Zeichnungen von Max Beckmann bis Gerhard Richter
13. November 2019 – 16. Februar 2020
Eine ausserordentlich dichte und vielfältige Ausstellung. “Große Realistik und große Abstraktion“ –zwischen diesen beiden Polen bewegt sich der etwa 1.800 Blätter umfassende Bestand an deutschen Zeichnungen des 20. Jahrhunderts in der Graphischen Sammlung des Städel Museums. Eine Auswahl von 100 Zeichnungen wurde in dieser Ausstellung gezeigt.
Ernst Wilhelm Ney My 13 (Mykonos) 1964. Ich kann nicht wirklich sagen, warum mich diese Zeichnung so bezaubert hat. Für mich hat sie Tiefe, Ernst und Fröhlichkeit. Es sind die Farben des südlichen Himmels und das Ocker der Erde und des Sandes.
Im nächsten Teil geht es weiter mit Bildern von Meret Oppenheim, Lee Krassner, Kippenberger, Rembrandt, Van Gogh, Freud, Jarman… und ein Kapitel über die wunderbare Malerin Sofonisba Anguissola